Das andere Kind
Was bedeutet das? Die meisten Eltern merken schnell, wenn ihr Kind anders ist, als die anderen und das löst eine grosse Unsicherheit aus. Besonders, wenn noch mehrere Kinder im Haushalt leben, die nicht im Autismus Spektrum sind, können die Unterschiede schnell festgestellt werden. Bei Kindern mit frühkindlichem Autismus fällt die verzögerte oder nicht vorhandene Sprachentwicklung auf, motorische Ungeschicktlichkeiten, sowie das eigenartige Spielverhalten. Gegenstände haben für autistische Kinder eine andere Bedeutung, als für Nicht-autistische. Möbel im Haushalt und die Aussenwelt, zum Beispiel die öffentlichen Verkehrsmittel, Ampeln, Übergänge oder anderes werden als faszinierend wahrgenommen und ziehen die komplette Aufmerksamkeit der Betroffenen auf sich. Somit versinken sie in ihre eigene Welt. Auf der anderen Seite, können sich Gegenstände im Haushalt und die Aussenwelt bedrohlich auf die autistischen Kinder auswirken. Besonders, wenn dabei Lärm verursacht wird, die Farben in die Augen stechen und blenden, oder durch eigenartige und starke Gerüche.
Die autistische Wahrnehmung
Eine Familie betrat mit ihren drei Kindern ein Restaurant. Zwei davon waren im Autismus Spektrum. Das Mädchen fühlte sich sehr unwohl und war angespannt, da sie einerseits Angst vor der riesigen Deckenlampe, die mit vielen kleinen Kugeln versehen war, hatte und dazu bestand der Geruch im Restaurant aus einem Gemisch nach kaltem Rauch und Essen. Er stach ihr in die Nase und löste zusammen mit der Lampe Panik-Zustände bei ihr aus. Der Junge hingegen hatte eher Angst, wenn die Familie nachts mit dem Auto unterwegs war. In der Dunkelheit wurden die Lichter der anderen Autos als Monster interpretiert.
Besondere Bedürfnisse
Auch die Spielsachen haben für die autistischen Kinder eine andere Bedeutung: Während nicht-autistische Kinder mit ihren Spielzeugautos Wettrennen veranstalten, Strassen bauen und dabei gerne mit anderen spielen, beschäftigen sich die autistischen Kinder gerne alleine und haben die Neigung, stundenlang an den Rädern zu drehen oder die Autos nach Farben, Formen etc. zu sortieren und in einer bestimmten Ordnung aufzustellen. Dieses Beispiel zeigt sich auch bei anderen Spielsachen. Auch Kinder mit Autismus brauchen Spielsachen oder Plüschtiere, allerdings auch als Übergangshilfe in der lauten, reizvollen und unzuverlässigen Welt, die immer wieder Veränderungen mit sich bringt. Denn Neues macht ihnen Angst und daher brauchen sie ihre vertrauten Gewohnheiten. Also die autistischen Kinder entwickeln sich anders, als nicht-autistische Kinder, nehmen die Welt anders wahr, haben ein anderes Spielverhalten und bestehen auf immer gleichbleibende Abläufe, sowie Ordnungssysteme. Werden diese nicht erfüllt, bedeutet das ein grosses Chaos für sie, welches sie in Panik versetzt, da immer gleichbleibende Strukturen ihnen Sicherheit und Vertrauen bieten. Sie neigen zu besonderen Interessen, welche für sie viel interessanter sind, als andere Menschen.
Bedeutung für die Eltern
Darum finden Eltern schwerer den Zugang zu ihnen, als zu den anderen Kindern ohne Autismus. Viele autistische Kinder suchen weder den Blickkontakt zu ihren Eltern, auch weil es als schmerzhaft empfunden wird, noch wollen sie die Interessen mit ihnen teilen, in dem Sinn ins Spiel mit einbeziehen, oder stolz zeigen, was sie geleistet haben. Körperkontakt wird oft als unangenehm empfunden, wenn er unerwartet von anderen kommt. Für Menschen im Autismus Spektrum können Berührungen auch als schmerzhaft empfunden werden, da die Sinnesorgane überempfindlich sind und somit auch das körperliche Wohlbefinden. Aus diesen Gründen können autistische Kinder mit einer Ablehnung reagieren, wenn die Eltern sie kuscheln, küssen oder tragen wollen. Sie flüchten und wehren sich dabei mit dem ganzen Körper und oder fangen an zu schreien. Dazu kommt es, dass sie sehr mit sich selber beschäftigt sind und IHREN Tagesablauf mit immer gleich bleibenden Ritualen ausleben wollen. Auf die anderen Familienmitgliedern wirken sie abwesend. Für Eltern kann das sehr schmerzhaft und auch nicht nachvollziehbar sein. Sie befürchten, dass ihr Kind sie nicht richtig liebt und sind überfordert, wenn sie nicht wissen, wie sie auf das autistische Kind zugehen können, um deren Aufmerksamkeit und Anerkennung auf sie zu lenken. Für manche Eltern ist es schlimm, wenn ausgerechnet IHR Kind eine Autismus Diagnose bekommt und sind von Trauer, sowie Angst erfüllt. Es tauchen panische Fragen auf, z.B. Was machen wir jetzt? Was wird aus unserem Kind? Wird es jemals Beziehungen aufbauen können? Wird es jemals selbstständig leben können? Was machen wir mit unserer Arbeit und den anderen Kindern? Wie viel Betreuung wird benötigt und was kommen für Kosten auf uns zu? etc. Aber diese Verzweiflung trifft nicht auf alle Eltern zu. Für manche ist nichts besser oder schlechter als vorher und vertreten eine neutrale Meinung dazu. Wieder andere freuen sich sogar, da sie auch die positiven Seiten des Autismus kennen und wertschätzen. Auch weil sie dieses Thema interessant finden. Für viele Eltern ist die Diagnose ihrer Kinder eine grosse Erleichterung, weil sie endlich wissen, was mit ihren Kindern los ist. Ist ein Elternteil, beide Eltern, oder andere Geschwister betroffen, kommen sie je nach dem schneller drauf und sind schon vorbereitet.
Angebote für die Förderung
Um Brücken auf die andere Seite zwischen der autistischen und nicht-autistischen Welt zu bauen, damit das autistische Kind und seine Familie sich besser kennen lernen, sowie den Umgang miteinander beherrschen, gibt es Autismus-Therapiezentren, Sprachheilschulen, Beratungsstellen für Angehörige und Betroffene, sowie Vereine.