Autisten und ihre eigene Welt

Menschen im Autismus Spektrum nehmen die Welt anders wahr. Das bezieht sich auch auf die Interessen und auf die Verarbeitung von Informationen und Gedanken. Sie benötigen oft mehr Zeit für sich. Dies äussert sich durch den Rückzug.

Dazu habe ich ebenfalls eine Podcastfolge aufgenommen

Hört doch mal rein

Fallbeispiel 1:

Ein kleines Mädchen brauchte neben der Autismus Therapie immer wieder den Rückzug in ihre eigene Welt. Sie legte sich zur Seite und war mit sich selber beschäftigt. Es sah aus, als würde sie sich mit unsichtbaren Gegenübern beschäftigen und ein „Luftspiel“ spielen. Dabei lautierte sie und lachte zwischendurch.

Die besondere Freude

Für den Rückzug in die eigene Welt spielen die besonderen Interessen und Bedürfnisse eine wichtige Rolle. Menschen im Autismus Spektrum freuen sich oft an ganz anderen Dingen, als die „Norm“. Zum Beispiel an Verkehrsmitteln, bestimmten Tieren, Pflanzen, Plänen, Fachthemen und auch Objekten aus dem Haushalt. Sie haben dann das Verlangen, sehr viel Zeit damit zu verbringen. Sie vertiefen sich so stark hinein und brauchen diese Zeit für sich. Dabei können sie energetisch aufgeladen werden und zeigen das durch grosse freudige Ausstrahlung. Weil Autisten oft stärkere Gefühle haben, kann sich diese Freude auch durch Hyperaktivität und Überschäumung zeigen. Dazu gehören je nachdem auch zusätzliche Verhaltensweisen.

Fallbeispiel 2:

Ein junger Herr interessierte sich sehr für einen der Begleitpersonen. Als die beiden sich trafen, hüpfte der Betreute wie ein Wilder und rief voller Freude den Vornamen des Betreuers. Dabei beugte er seinen Oberkörper weit nach vorne und strahlte.

Fallbeispiel 3:

Ein Berühmter im Autismus Spektrum lebt seine Freude im Zimmer aus, indem er ein Lieblingslied laufen lässt und dazu im Takt zappelt.

Fallbeispiel 4:

Eine weibliche Person benötigt durch die Energie aufgrund der besonderen Interessen Bewegung. So geht sie entweder auf die Schaukel oder macht Sport. Dabei verschwindet sie komplett in ihrer Welt und denkt an alles, was sie fasziniert. Die regelmässige Bewegung stimuliert sie.

Die eigene Welt als Schutz

Dieser Titel hat verschiedene Hintergründe. Aufgrund des anders-seins erleben Menschen im Autismus Spektrum oft Ausgrenzung. Dazu haben sie es schwer, weil die Welt hauptsächlich auf Nicht Autisten eingestellt ist. Also zwei völlig verschiedene Systeme, die einander fremd sind. Das ist für viele Autisten mit der Zeit sehr frustrierend. Häufige Folgen können Psychische Krankheiten sein. Im schlimmsten Fall mit Suizid Versuch. Die eigene Welt mit den stärkenden Gedanken, besonderen Interessen und befriedigenden Beschäftigungen können da als Schutzmassnahmen gelten.

An einer Fachtagung von Tony Attwood machte der Asperger Experte ein Beispiel über einen Betroffenen: „Wenn ich mich umbringe, werde ich nie erfahren, worum es in der neuen Staffel geht.“ Also diente dieses besondere Interesse als Hindernis für das Aufgeben.

Die eigene Welt kann auch helfen, Stress abzubauen. Es gibt Autisten, welche ihre Objekte mitnehmen und sich ablenken. Dann gibt es andere, die aus der Situation flüchten und in ihren Gedanken verschwinden. Jeder geht auf seine Art damit um.

Fallbeispiel 5:

Trost: eine Dame sucht Halt, indem sie sich zurück zieht und mit ihrem Lieblingsthema beschäftigt ist. Das tut ihr nach schweren Schlägen sehr gut und baut sie auf.

Die eigene Welt als Motivator

Die eigene Welt kann auch als Motivation für Dinge, die nicht so interessant sind, aber gemacht werden müssen eingesetzt werden. In dem Sinn hängt das eng mit repetitiven Verhaltensweisen zusammen. In der Fachsprache wird der Begriff Verstärker oder verstärkern verwendet.

Fallbeispiel 6:

ABA Therapie. Der Junge war nicht besonders an den ganzen Aufgaben und an den Therapeutinnen interessiert. Also wurde sein repetitives Verhalten, Mehl und Wasser zu rühren, als Verstärker eingesetzt. Nach Erfolg der kleinen Anforderungen durfte er als Belohnung seinem Interesse nachgehen.

Fallbeispiel 7:

Ein Mädchen im Autismus Spektrum kann man am besten mit Äpfeln für Aufgaben des „lästigen“ Alltages motivieren. Darum sind immer welche für unterwegs dabei.

Die eigene Welt als Hindernis

Da Menschen im Autismus Spektrum häufig das Bedürfnis nach dem Rückzug in die eigene Welt haben, kann der Alltag darunter leiden: die Mitmenschen fühlen sich vernachlässigt, tägliche Pflichten können vergessen/ignoriert werden und auch bei der Arbeit oder in der Schule/im Kindergarten ist das nicht gerade vorteilhaft. Folgen können Auseinandersetzungen bis hin zu Kontaktabbruch sein. Oder auch Verwarnungen und bei Verschlechterung der Situation einen Ausschluss. Dies kann weitere Probleme geben. Zum Beispiel Psychische Erkrankungen, Einsamkeit, finanzielle Schwierigkeiten.

Daher ist es sehr wichtig, eine Begleitung und Förderung zu organisieren. Um einen Mittelweg zwischen dem Alltag mit seinen Pflichten und den eigenen Bedürfnissen zu finden. Doch wie geht das? Das *wird ein Kursangebot!

Die eigene Welt als Gefahr

Der Rückzug in die eigene Welt sollte nicht überall toleriert werden. Dies kann gefährlich werden.

Fallbeispiel 8:

Aus dem Buch allein zu zweit: der Betroffene war mit seiner Familie im Auto. Da er durch zu viele Gedanken überreizt war, baute er durch den Erschöpfungszustand einen Unfall.

Fallbeispiel 9:

Eine Betreute lit ebenfalls an Erschöpfung aufgrund von zu vielen Gedanken. Sie war mit ihrer Begleitperson im Restaurant und musste gut gehütet werden, wenn sie sich etwas holte.

Fallbeispiel 10:

Eine junge Frau war mit dem Fahrrad unterwegs. Dabei hörte sie Musik aus ihren Kopfhörern. Da sie gerade voll in ihrer Welt war, bekam der Partner die volle Verantwortung. Er fuhr vorne. Doch auch da passierten Fehler, die gefährlich waren. Seit dem war sie viel aufmerksamer.

Die eigene Welt mit repetitivem Verhalten.

Das repetitive Verhalten wurde weiter oben ja schon mal erwähnt. Es kommt vor, dass Autisten ihre diesbezüglichen besonderen Bedürfnisse mit immer gleich bleibenden Verhaltenskodexen in Verbindung bringen.

Fallbeispiel 11:

Ein Mann mit Asperger Syndrom fährt mehrmals die Woche nach der Arbeit bestimmte Strecken und hört Musik. Dazu träumt er von seiner Medizin Welt.

Fallbeispiel 12:

Eine Frau freut sich immer riesig auf die Weiterbildung über Autismus in München. Zufällig fuhr sie schon mal mit dem Zug über ihre Lieblings Stadt. Seit dem geht sie auch gerne zum Gleis und feiert von dort aus ihre Vorfreude auf den nächsten Kurs.

Zusammenfassung

Der Rückzug in die eigene Welt ist für Menschen mit Autismus extrem wichtig. Also soll ihnen diese Zeit unbedingt gelassen werden. Da es ihnen gut tut und somit auch für ein angenehmeres Leben gesorgt werden kann. Auf der anderen Seite muss darauf geachtet werden, dass die Realität und die Mitmenschen auch beachtet werden müssen. Es braucht einen guten Zusammenhalt, um gemeinsam Kompromisse eingehen zu können. Weiteres dazu folgt in dem dafür vorgesehenen Kursangebot unter „die eigene Welt als Hindernis“.

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